Ökosystemleistungen

Ökosystemleistungen stellen die Vorteile und Nutzen dar, die Ökosysteme wie Wasser, Lebensmittel, Holz, Bodenbildung, Luft- und Wasserreinigung, Hochwasser- und Dürreschutz, Bestäubung von Kulturpflanzen und mehr bieten. Menschliche Aktivitäten zerstören jedoch die biologische Vielfalt und verringern die Widerstandsfähigkeit und Fähigkeit gesunder Ökosysteme, dieses breite Spektrum an Waren und Dienstleistungen bereitzustellen.

Biodiversität ist die Vielfalt aller Lebensformen und ihre Interaktion auf der Erde. Es umfasst Ökosysteme, Lebensräume, Pflanzenarten, Tiere, Mikroorganismen und Genvariabilität sowie deren Wechselbeziehungen. Die biologische Vielfalt ist die Grundlage allen menschlichen Lebens und Handelns. Die Produkte und Dienstleistungen, die die biologische Vielfalt durch gesunde Ökosysteme bietet, sind für die Erhaltung des Wohlbefindens und für die künftige wirtschaftliche und soziale Entwicklung von entscheidender Bedeutung.

Die Lebensqualität und die Zukunft unserer Städte hängen davon ab, dass modernes städtisches Wohnen, die wachsenden Anforderungen der Bevölkerung an die Infrastruktur und attraktive Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten mit dem Schutz der biologischen Vielfalt in Einklang gebracht werden. Der Erhalt der biologischen Vielfalt und die Fähigkeit der Ökosysteme, Dienstleistungen zu erbringen, sind derzeit eine der größten Herausforderungen für die Menschheit.

Die Abkühlung und der Schutz vor Hochwasser, Erholungsmöglichkeiten und weitere Leistungen, erbringt die Natur für uns kostenlos. Der Fachausdruck dafür ist Ökosystemleistungen. Als Ökosystemleistungen werden Nutzen bezeichnet, die von der Natur erbracht und durch den Menschen in Anspruch genommen werden. Sie werden einerseits direkt wahrgenommen und genutzt, wie z.B. das Umfeld zur Erholung und Freizeitverbringung (im Falle von Parkanlagen und Gärten) und anderseits indirekt, wozu beispielsweise die Absorption der Luftschadstoffe durch das Blattwerk eines Laubbaumes gehört und in Folge dessen dann die Verbesserung der Qualität der Luft, die eingeatmet wird.

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Quelle: IEEP UJEP, Grafik: AVIgrafik, s.r.o.

 

Die Qualität und Menge der erbrachten Ökosystemleistungen ist nicht nur von der Größe der einzelnen Grün- und Wasserflächen abhängig, sondern auch von ihrem Zustand und ihrer gemeinsamen Verknüpfung. Deswegen reden wir oft über die sog. grüne und blaue Infrastruktur – über ein komplexes System von miteinander verbundenen Elementen der städtischen Naturflächen.

 

Bedeutung der Stadtnatur für die Lebensqualität in Städten

Die wichtige Rolle der Naturelemente in den Städten wird mit der zunehmenden Intensität des Klimawandels immer offenbarer, es geht vor allem um die Hitzewellen, Trockenheitsphasen oder wiederum um kurze aber intensive Starkniederschläge mit nachfolgenden Überschwemmungen.

So können Grünflächen beispielweise Hochwasser nach Starkregenereignissen abmildern, da sie in der Lage sind, hohe Wassermengen aufzunehmen und zu speichern. Auch während Hitzeereignissen können Bäume, Parks und Flüsse kühlend wirken. In den Städten, wo sich der sogenannte Wärmeinseleffekt der Bebauung bemerkbar macht, funktionieren Bäume, Sträucher und weitere Vegetationsformen als eine natürliche Klimaanlage (s. Abbildung „Wärmeinseleffekt“: Die Temperaturkurve über der Parkfläche sinkt erheblich im Gegensatz zum Stadtzentrum). Die städtische Wärmeinsel weist Temperaturunterschiede zwischen der dicht bebauten Innenstadt und ihrem „grünen“ Stadtrand von mehreren Grad Celsius auf. Die erhöhte Temperatur in den Stadtzentren hat bedeutsame Auswirkungen unter anderem auch auf die Gesundheit der Einwohner.

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Wärmeinseleffekt

Quelle: eigene Abbildung

 

 

Ökosystemleistungen – Nutzen, den die Natur den Menschen in den Städten erbringt

Die Stadtnatur (Grünflächen und Wasserelemente) erbringt zahlreiche Leistungen zum Nutzen der Einwohner, Beschäftigten sowie Besucher der Städte und trägt somit zur Erhöhung der Lebensqualität der Bevölkerung bei. Diese Leistungen der Natur, bzw. der einzelnen Ökosysteme werden als Ökosystemleistungen bezeichnet. Die Leistungen, die von der Natur erbracht werden, werden in vier Grundkategorien geteilt (s. Abbildung „Schema Ökosystemleistungen“).

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Schema Ökosystemleistungen

Quelle: IEEP UJEP

Basisleistungen (oder auch unterstützende Leistungen) stellen die Grundfunktionen der Ökosysteme, wie z.B. Bodenbildung, Photosynthese oder Biotopentstehung dar. Da sie den Grundstein des erfolgreichen Funktionierens der Ökosysteme bilden und alle anderen Kategorien der Leistungen davon abhängig sind, treten sie in die eigene Bewertung des Naturnutzens nicht ein.

Versorgungsleistungen kann sich jeder von uns ganz einfach vorstellen: Die Natur beliefert uns mit Obst, Gemüse, Pilzen, Holz, verschiedenen Fasern, Trinkwasser usw. Diese Leistungen werden überwiegend in Form verschiedener Produkte vermarktet, deswegen gibt es weniger Schwierigkeiten, ihren genaueren Wert zu bestimmen.

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Regulierungsleistungen schützen die Gesellschaft vor negativen Einflüssen der Umwelt (diese Einflüsse können auch durch Veränderungen in der Natur verursacht sein, die ursprünglich vom Menschen ausgelöst wurden). Die Grünflächen helfen die Luftqualität zu regulieren (sie fangen z.B. Staubpartikel auf), regulieren die Mengen sowie die Qualität der Gewässer (sie fangen das Wasser in der Landschaft auf, womit dem Schutz vor Hochwasser sowie Trockenheit beigetragen wird), mindern die Bodenerosion und kühlen die Umgebung durch das Verdunsten von Wasser ab usw. Aufgrund relativ komplizierter Darstellung des ökonomischen Wertes dieser Leistungen wird bei der Raumplanung oft vergessen, dass die Stadtnatur der Gesellschaft auch diesen wichtigen Nutzen bringt.

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Die von der Gesellschaft wahrscheinlich am stärksten wahrgenommenen Ökosystemleistungen sind die sogenannten kulturellen Leistungen. Parkanlagen, stadtnahe Wälder, Uferbereiche sowie offene Gärten bieten den Einwohnern sowie den Stadtbesuchern zahlreiche Erholungsmöglichkeiten (Entspannung, Sportaktivitäten, kurz- und langfristige Erholung) sowie ästhetische (z. B. in Form der Inspiration für Kunstwerke), geistige oder religiöse Werte (Raum zum Nachsinnen sowie zur Meditation, heilige Stellen verschiedener Religionslehren usw.). Den Wert dieser Leistungen bestimmen zu können, erweist sich zumeist als sehr schwierig. Dennoch bedeutet dies nicht, dass sie für die Gesellschaft von keinem Wert wären. Die für die Erholung mitten in der Natur aufgewandten Mittel (egal ob es sich um Urlaub oder Tagesausflug handelt) zeigen an, dass die Menschen die Natur hoch schätzen und bereit sind, oft nicht unbedeutende Geldbeträge dafür zu zahlen, um die Naturschönheit bewundern oder sich hier erholen zu können (z. B. der bekannte kroatische Nationalpark Plitvicer Seen wird jährlich von etwa 1,5 Mio. Touristen besucht, und zwar obwohl der hohen Eintrittspreise).

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Stadtnatur, Wasserelemente und ihre vielseitigen Funktionen sowie Nutzen

Sämtliche Grünflächen sowie Wasserelemente in der Stadt erbringen der Gesellschaft eine Reihe von Nutzen in Form von Ökosystemleistungen. Ihr Nutzen umfasst z.B. das Aufnehmen von Wasser in der Landschaft oder das Auffangen von Treibhausgasen. Sie sind an der Lebensmittelproduktion beteiligt und bieten Raum für Erholung, wie z.B. zur Entspannung.

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Ökosystemleistungen von Bäumen
Quelle IEEP UJEP nach Diamond Head Consulting, Grafik: AVIgrafik, s.r.o.

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Im Folgenden stellen wir einige wichtige Elemente der städtischen grünen und blauen Infrastruktur und ihre wichtigsten Vorteile vor. Oder sehen Sie sich das animierte Video an (nach dem Lesen des QR-Codes oder unter http://bidelin.ioer.eu/video), in dem Sie diese Elemente in Form von Zeichen selbst sehen.

 

Hlava parkZu den bedeutendsten Elementen der städtischen Grünflächen zählen Parkanlagen, die den Einwohnern sowie Besuchern als Raum zur Erholung, Ort der Begegnungen und für Sportaktivitäten dienen. Laut unseren Untersuchungen fühlen sich die meisten Menschen in einer Parkanlage entspannt, ausgeruht und in einem besseren physischen Zustand. Internationale Studien haben erwiesen, dass durch einen regelmäßigen Aufenthalt in der Stadtnatur der Krankenstand der Bevölkerung sinkt und die psychische Gesundheit sowie die Selbstbewertung des Gesundheitszustandes durch die Stadtbewohner sich verbessern. Die Parkanlagen in den Stadtzentren sind jedoch auch aus der Sicht der Abkühlung des städtischen Umfeldes wichtig. Dank des Schattens und der Wasserverdunstung durch Bäume ist die Lufttemperatur innerhalb einer Parkanlage deutlich niedriger als in den umliegenden Straßen (z. B. die Winter-Linde kühlt ihr Umfeld dank der Verdunstung bis um 3,5 °C ab).

 

 

Hlava stromy alejEin weiteres wichtiges Element der Stadtnatur sind Bäume, Baumalleen und stadtnahen Wälder. Bäume fördern die Abkühlung der überhitzten Stadtzentren und spenden Schatten an Hitzetagen. Darüber hinaus sind sie für die Verbesserung der Luftqualität von großer Bedeutung. Ein hochstämmiger Baum ist in der Lage, jährlich bis zu 1,1 kg Staubpartikel aus der Luft aufzufangen. Bäume können zudem Lärm reduzieren. Die stadtnahen Wälder erbringen auch die Möglichkeit, Waldfrüchte zu sammeln und Holz zu produzieren. Sie haben zudem die Fähigkeit, Treibhausgase aufzunehmen sowie zu binden und das Wasserregime in der Landschaft zu regulieren (ein hochstämmiger Baum nimmt etwa 300-500 l Wasser während einer Regenepisode auf). Stadtnahe Wälder und Waldparks spielen außerdem eine bedeutende Rolle bei der Erhaltung der Artenvielfalt. Auch wirkt sich die Nähe von Immobilien zu Stadtwäldern und anderen Grünflächen positiv auf den Liegenschaftspreis aus.

 

Hlava zahradaStadtgärten (egal ob es sich um Schrebergärten, offene Gärten, Vorgärten in den Siedlungen oder private Gärten handelt) tragen bedeutend zur Erhöhung der Ästhetik eines Gebietes und bieten Raum für Erholung, wie z.B. zur Entspannung und aber auch zum aktiven Gärtnern. Hier können Obst und Gemüse zumeist in „BIO-Qualität“ angebaut und geerntet werden. Durch die Möglichkeit der Selbstversorgung durch den Eigenanbau können Transportwege von Obst-/Gemüselieferungen in die Städte vermindert werden, wodurch auch die Schadstoffemissionen durch den Autoverkehr verringert werden können.

 

 

Hlava rekaFlüsse und Talsperren spielen in der Stadt eine wichtige Rolle. So stellen sie z.B. ein beliebtes Ausflugsziel für die Freizeit der Stadtbewohner dar. Aufgrund der Wasserverdunstung fühlt sich der Aufenthalt im Sommer am Wasser wesentlich angenehmer an als im Stadtzentrum. Außerdem stellen diese Ökosysteme Lebensräume für wasserliebende Tier- und Pflanzenarten bereit. Sehr oft handelt es sich auch um eine wichtige Trink- oder Nutzwasserquelle für die Stadt.

 

 

Hlava parkovisteAuch ein Parkplatz kann ein bedeutendes Grünelement in der Stadt darstellen. Parkplätze mit einer wasserdurchlässigen Oberfläche (z. B. Rasengittersteine u. Ä.) können zur Minderung von Hochwasserschäden beitragen und den Regenwasserabfluss regulieren. So kann ein Parkplatz mit wasserdurchlässiger Bodenbefestigung etwa 57 % bis 80 % des gesamten Jahresniederschlags aufnehmen und versickern lassen. Im Gegensatz dazu wärmt sich ein Parkplatz mit Asphaltdecke stark auf (bei direkter Sonne bis zu 50°Celsius Oberflächentemperatur). Darüber hinaus strahlt die Asphaltdecke die Wärme auch noch lange nach dem Sonnenuntergang aus und trägt damit zur Ausbildung städtischer Wärmeinseln bei.

 

 

Kartierung der in der Stadt Děčín erbrachten Ökosystemleistungen

In den Jahren 2017 - 2019 wurden auf dem Territorium der Stadt Lebensraumtypen und Ökosystemleistungen kartiert. Die Ergebnisse für ausgewählte Ökosystemleistungen sind im Bild „Erbringung ausgewählter Ökosystemleistungen je nach Landschaftstyp in Děčín“ dargestellt, in dem Unterschiede in der Intensität der Erbringung dieser Dienstleistungen erkennbar sind.

Das Bild in der Mitte zeigt die Evapotranspiration in der Stadt. Es ist ein physikalischer Prozess, bei dem der flüssige Zustand von Wasser in Wasserdampf umgewandelt wird. Da ein Teil der Energie aus Sonnenstrahlung für diese Umwandlung verbraucht wird, kühlt sich die Umgebung während der Evapotranspiration ab. Bei der Sauerstoffproduktion (Abbildung rechts) handelt es sich um einen sekundären Prozess der Photosynthese.

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Bereitstellung ausgewählter Ökosystemleistungen je nach Landschaftsart in Děčín

Quelle: IEEP UJEP und CzechGlobe

 

Beim Vergleich einzelner Karten wird deutlich, welche Arten von Gebieten die meisten dieser Ökosystemleistungen erbringen. Dies sind hauptsächlich durchgehende Blätter wie Wälder oder Stadtparks. Im Gegensatz dazu bieten dicht bebaute Gebiete nur sehr wenige dieser Ökosystemleistungen.

 

 

Bedeutung des Ökosystemleistungskonzepts für die Raumplanung und Grünflächengestaltung in Städten

Oft werden Ökosystemleistungen in der Stadt als selbstverständlich angenommen und zumeist erst tatsächlich wahrgenommen, wenn sie ausbleiben oder gar fehlen. So wird den Leistungen der Stadtnatur in Stadtentwicklungsprozessen zu selten ein tatsächlicher Wert beigemessen. Bei Entscheidungen zum Stadtwachstum und der Ausweisung weiteren Baulandes ist es erforderlich zu erwägen, in welchen Stadtgebieten ausreichende Ökosystemleistungen durch die Stadtnatur erbracht werden und in welchen Gebieten wiederum der Stadtnatur genügend Raum überlassen oder gegebenenfalls neu entwickelt werden sollte.

Ein wichtiger Aspekt bei der Planung von Bautätigkeiten ist auch die Schaffung von Verknüpfungen einzelner Grünflächen innerhalb der Stadt. Hierbei stellen auch neuartige Gestaltungen wie z.B. Gründächer und Fassadenbegrünungen einen möglichen Entwicklungsansatz dar. Sie bringen eine ganze Reihe von Nutzen, einerseits für den Liegenschaftseigentümer selbst (z. B. Reduzierung der Kosten für die Dachisolation), anderseits für die Gesellschaft (z.B. ästhetische Funktion, Abkühlung der überhitzten Stadtzentren).

Der Wert des Nutzens, den uns die Stadtnatur erbringt, lässt sich nicht einfach darstellen. Mit Hilfe des Konzepts der Ökosystemleistungen ist es jedoch möglich, diesen Nutzen zu erfassen, und zwar in biophysikalischen Einheiten (z.B. Menge der aufgefangenen Schadstoffe aus der Luft, Menge des aufgefangenen Wassers usw.), sowie in finanziellen Einheiten.

Diese Informationen können helfen, den Wert der Natur in die Entscheidungsprozesse einzuschließen und diesen sichtbarer zu machen.